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Gilt die Fluggastrechteverordnung auch für Flüge aus der Schweiz in Drittstaaten?

Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die europäische Verordnung über Fluggastrechte auch für Flüge mit Start in der Schweiz und Ziel in einem Staat außerhalb der Europäischen Union anwendbar ist.

Im Ausgangsfall verlangt die Klägerin von der Beklagten aufgrund der Fluggastrechteverordnung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 € wegen eines verspäteten Fluges.

Die Klägerin buchte bei der Swiss International Air Lines AG einen Flug von Frankfurt am Main nach Zürich und einen direkten Anschlussflug von Zürich nach Yaundé in Kamerun mit einem Zwischenstopp in Duala. Der Flug von Frankfurt am Main nach Zürich erfolgte planmäßig. Der Abflug des Anschlussflugs in Zürich verzögerte sich um 6 Stunden und 10 Minuten. Dieser Flug endete tatsächlich in Duala. Die Klägerin wurde sodann mit dem Bus von Duala nach Yaundé befördert und erreichte dieses Ziel am Abend des Folgetags mit einer Verspätung von mehr als 20 Stunden.

Das Amtsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Klage vor deutschen Gerichten zwar für zulässig, in der Sache aber für unbegründet erachtet. Ein Fluggast könne einen Anspruch auf Ausgleichszahlung auch dann bei den für den ersten Abflugort (hier Frankfurt am Main) zuständigen Gerichten einklagen, wenn sich die Flugverspätung erst im Rahmen eines Anschlussfluges an einem anderen Ort ereignet habe. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Ausgleichsanspruch jedoch nicht zu, weil die Verspätung erst bei dem Anschlussflug eingetreten sei und dieser nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union begonnen habe.

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Auffassung des Landgerichts zur internationalen Zuständigkeit bestätigt. Er ist dem Landgericht auch darin beigetreten, dass der Klägerin nur dann ein Anspruch zusteht, wenn die Fluggastrechteverordnung auch auf den Flug von Zürich nach Yaundé anwendbar ist. Er hält die Anwendbarkeit der Verordnung auf solche Flüge jedoch für möglich, weil diese nach dem Wortlaut des Luftverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Union seit Dezember 2006 auch für die Schweiz anzuwenden ist. Ein Schweizer Gericht hat jedoch entschieden, die Verordnung sei aufgrund des Abkommens nur auf Flüge anzuwenden, die zwischen der Schweiz und einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder umgekehrt verlaufen. Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Frage, ob die Fluggastrechteverordnung auch auf Flüge von der Schweiz in einen Drittstaat anzuwenden ist, dem für die Auslegung des Unionsrechts zuständigen Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt.

BGH, Beschluss vom 9. April 2013 – X ZR 105/12

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 28. Juni 2012 – 2-24 S 48/12

AG Frankfurt am Main – Urteil vom 3. Februar 2012 – 32 C 1418/11 (18)

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Fluggast-Entschädigung für verpassten Anschlussflug

BGH setzt Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs um

Karlsruhe (jur). Kommen Flugpassagiere wegen eines verpassten Anschlussfluges drei oder mehr Stunden zu spät am Zielort an, können sie Anspruch auf eine Entschädigung haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der erste Teil der Flugreise oder der Anschlussflug verspätet war, urteilte am Dienstag, 7. Mai 2013, der Bundesgerichtshof (BGH) (Az.: X ZR 127/11). Die Karlsruher Richter setzten eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg vom 26. Februar 2013 um (Az.: C-11/11; JurAgentur-Meldung vom 26. Februar 2013).

Damit änderte der BGH seine Rechtsprechung vom 13. November 2012 (Az.: X ZR 12/12 und X ZR 14/12, JurAgentur-Meldung vom 13. November 2012). Damals hatte der X. Zivilsenat noch entschieden, dass Flugpassagieren für verspätete Anschlussflüge außerhalb der EU keine Entschädigung verlangen können.

Eine Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung ist, dass der Flug von einem EU-Flughafen gestartet ist. Europäische Fluggesellschaften können zusätzlich auch ausgleichspflichtig sein, wenn sie innerhalb der EU nicht pünktlich landen. Die Verspätung darf aber nicht auf für die Fluggesellschaft unabwendbare äußere Umstände zurückgehen.

Im jetzt entschiedenen Rechtsstreit hatten Reisende für den 20. Januar 2010 einen Flug von Berlin-Tegel nach San José in Costa Rica bei der spanischen Fluglinie Iberia S. A. gebucht. Der Flug erfolgte erst von Berlin nach Madrid, von dort ging dann ein Anschlussflug nach Costa Rica.

Der Flug nach Madrid hatte jedoch eine Verspätung von eineinhalb Stunden. Die Flugpassagiere beeilten sich zwar, ihren Anschlussflug noch zu erreichen, doch ohne Erfolg. Der Einsteigevorgang in den Flieger war bereits abgeschlossen, so dass niemand mehr zusteigen konnte.

Erst am darauffolgenden Tag konnten die Reisenden einen Flug nach Costa Rica ergattern. Für die Verspätung forderten sie nun von der spanischen Fluglinie eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro pro Person.

Der BGH verurteilte Iberia S. A. zur Zahlung und berief sich dabei auf die EuGH-Entscheidung vom 26. Februar 2013. Danach ist entscheidend, dass für eine Entschädigung die Flugpassagiere ihr Endziel erst mit einer drei- oder mehrstündigen Verspätung erreichen. Hier reiche es für eine Entschädigungszahlung schon aus, dass der verspätete Abflug in Berlin zum verpassten Anschlussflug geführt hat.

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