Zur Rechteeinräumung bei Synchronsprechern
Vertragliche Regelungen, welche die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte (hier: Rechteeinräumung bei Synchronsprechern) und damit unmittelbar den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht bestimmen, gehören zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung und sind regelmäßig der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB entzogen. Auch die Bestimmungen der § 88 Abs. 1, § 89 Abs. 1 und § 92 Abs. 1 UrhG sind Auslegungsregeln und kommen als Maßstab einer Inhaltskontrolle nicht in Betracht – BGH 17.10.2013, I ZR 41/12.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der als Satzungszweck u.a. die Interessen der Synchronschauspieler wahrnimmt. Die Beklagte stellt Synchronfassungen insbesondere von Spielfilmen her. Sie legt ihren Verträgen mit Synchronschauspielern eine Mustervereinbarung zugrunde, die eine umfassende Rechteeinräumung im Hinblick auf das synchron Gesprochene enthält. Der Kläger hielt diese Klauseln für unwirksam und nahm die Beklagte gestützt auf § 1 UKlaG i.V.m. § 307 BGB auf Unterlassung der Verwendung dieser Regelungen in Anspruch.
Das LG wies die Klage ab; das OLG wies sie ebenfalls weitestgehend ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Die vom Kläger beanstandeten Klauseln verstoßen nicht gegen § 307 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. mit § 37 Abs. 1, § 31 Abs. 5, §§ 88 ff. UrhG.
Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine zur Unwirksamkeit einer AGB führende unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Daran fehlte es jedoch im vorliegenden Fall. Entgegen der Auffassung des Klägers führen § 31 Abs. 5 UrhG und die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Übertragungszwecklehre, wonach in Verträgen des Urhebers über sein Urheberrecht im Zweifel keine weitergehenden Rechte eingeräumt werden, als dies der Zweck des Nutzungsvertrages erfordert, nicht zur Unwirksamkeit der beanstandeten Klauseln.
Eine Anwendung der Auslegungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG und seines Schutzgedankens kommt als Maßstab einer Inhaltskontrolle von AGB nicht in Betracht. Vertragliche Regelungen, die – wie hier – die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte und damit unmittelbar den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht bestimmen, gehören zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung. Sie sind deshalb regelmäßig der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB entzogen. Gegen die Annahme eines Leitbildcharakters des § 31 Abs. 5 UrhG im Rahmen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle spricht ferner der für diese Bestimmung anzuwendende konkret-individuelle Prüfungsmaßstab, während bei der Inhaltskontrolle ein abstrakt-genereller Maßstab zugrunde zu legen ist.
Das Berufungsgericht hatte zudem zutreffend angenommen, dass auch die Regelung des § 88 Abs. 1 UrhG als Sondervorschrift gegenüber § 31 Abs. 5 UrhG kein gesetzliches Leitbild i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellt. Voraussetzung für die Qualifizierung einer Regelung als Leitbild i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine gesetzliche Grundentscheidung im Sinne eines Gerechtigkeitsgebots. Daran fehlt es im Hinblick auf § 88 Abs. 1 UrhG ebenso wie in Bezug auf die weiteren Bestimmungen gem. § 89 Abs. 1 u. § 92 Abs. 1 UrhG. Diese Vorschriften sind wie § 31 Abs. 5 UrhG und der Übertragungszweckgedanke bloße Auslegungsregeln.
Das Berufungsgericht hatte schließlich angenommen, dass der Verwerter in der Filmbranche selbst dann ein schützenswertes Interesse an einer umfassenden Rechteübertragung habe, wenn man von einer urheberrechtlichen Prämisse einer möglichst geringen Aufgabe der Ausschließlichkeitsrechte ausgehe. Auch diese Beurteilung ließ keinen Rechtsfehler erkennen.
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