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Die Dose ist nicht grün

Landgericht Düsseldorf untersagt gegenteilige Werbeaufschrift

Düsseldorf (jur). Der Werbeslogan „Die Dose ist grün“ hat auf einer Getränkedose nichts zu suchen. Mit Urteil vom Donnerstag, 25. April 2013, untersagte das Landgericht Düsseldorf einem Unternehmen aus Ratingen, seine Dosen mit einer entsprechenden Werbeaufschrift zu verkaufen (Az.: 37 O 90/12). Damit gab das Landgericht einer Klage der Deutschen Umwelthilfe statt.

Das Wort „grün“ werde in dem Slogan „umweltbezogen“ verstanden, so das Landgericht zur Begründung. Weder Getränkedosen allgemein noch die hier als „grün“ beworbenen Eisenblechdosen seien aber gegenüber anderen Verpackungen ökologisch besonders vorteilhaft.

Die Werbung sei daher irreführend und unlauter. Denn auch Werbung müsse richtig und wahr sein. Das gelte ganz besonders für die Werbung mit „umweltbezogenen Eigenschaften“. Diesen Anforderungen werde der Slogan „Die Dose ist grün“ nicht gerecht, urteilte das Landgericht.

Die Getränkefirma kann dagegen Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen.

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Verbot politischer Fernsehwerbung in Großbritannien zulässig

EGMR sieht keinen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit

Straßburg (jur). Großbritannien muss im Fernsehen oder Radio keine bezahlte politische Werbung zulassen. Das für politische Organisationen entsprechende gesetzliche Verbot verstößt nicht gegen die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Meinungsfreiheit, urteilte am Montag, 22. April 2013, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) (Az.: 48876/08). Die Straßburger Richter wiesen damit die Beschwerde der britischen Tierschutzorganisation „Animal Defenders International“ (ADI) zurück.

ADI hatte 2005 eine Kampagne mit dem Titel „My Mate’s a Primate“ gestartet, die sich gegen die Haltung von Primaten in Zoos und Zirkussen sowie gegen deren Ausbeutung in der Fernsehwerbung richtete. Im Rahmen der Kampagne wurde auch ein Fernsehwerbespot produziert, der erst ein angekettetes Mädchen in einem Tierkäfig und schließlich einen Schimpansen in derselben Position zeigte.

Doch die zuständige Aufsichtsbehörde, das „Broadcasting Advertising Clearance Center (BACC), wollte die Ausstrahlung des Werbespots nicht erlauben. Die Tierschutzvereinigung sei als politische Organisation zu werten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen dürften diese keine bezahlten Werbespots im Fernsehen oder Radio verbreiten.

Sowohl die britischen Gerichte als auch das House of Lords bestätigten das Verbot. Finanzkräftige politische Gruppierungen dürften mit Werbespots nicht die eigentliche öffentliche Debatte verzerren.

Mit einer knappen Mehrheit von neun zu acht Stimmen hat der EGMR das britische Verbot nun bestätigt. Großbritannien habe das Verbot von politischer Werbung im Fernsehen oder Radio erlassen, damit finanziell starke Gruppierungen keinen unzulässigen und zu großen Einfluss ausüben. Das Verbot solle letztlich eine vielfältige öffentliche Debatte erleichtern, allerdings eben ohne die Einflussnahme durch bezahlte politische Werbung.

Großbritannien habe hier auch einen weiten gesetzlichen Gestaltungsspielraum, so die Straßburger Richter. Denn in den europäischen Staaten gebe es keinen Konsens darüber, wie mit politischer Werbung im Rundfunk umzugehen sei.

Das Recht der Tierschutzorganisation auf freie Meinungsäußerung werde damit nicht unzulässig eingeschränkt. So könne ADI seine Kampagne auch in alternativen Medien verbreiten. Der strittige Werbefilm sei beispielsweise über das Internet zu sehen. Außerdem könnten Anzeigen in Zeitungen geschaltet werden. Schließlich könne die öffentliche Debatte auch in Fernsehdiskussionen, mit Hilfe von Demonstrationen oder mit Flugblättern geführt werden.

Die Tierschutzorganisation kritisierte das Urteil. Unternehmen könnten Tiere in Fernsehwerbespots benutzen, um so ihre Produkte besser verkaufen zu können – beispielsweise werbe Pepsi in einem aktuellen Fernsehwerbespot mit einem Schimpansen. Da müsse es auch möglich sein, dass der Verbraucher in einem politischen Werbespot über die negativen Auswirkungen des in der Werbung benutzten Tieres sensibilisiert wird.

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Bewährungsstrafe für Internet-Abmahnbetrüger rechtmäßig

BGH verwirft Revisionen im Prozess wegen verschickter E-Post-Karten:

Karlsruhe /Osnabrück (jur). Die eineinhalbjährige Bewährungsstrafe des Abmahnbetrügers und im Internet als „Abofallenkönig“ bekannten Michael Burat ist rechtmäßig. Wie das Landgericht Osnabrück am Dienstag, 16. April 2013, mitteilte, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem Beschluss vom 3. April 2013 die Revisionen von Burat und des mitangeklagten Rechtsanwalts Bernhard S. verworfen (Az.: 3 StR 408/12).

Das Landgericht hatte die beiden Männer am 17. Februar 2012 wegen des Erschwindelns von Abmahngebühren von Kommunen, Unternehmen und der CDU zu einer eineinhalbjährigen und einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt (Az.: 15 KLs 35/09; JurAgentur-Meldung vom 20. Februar 2012). Die Haftstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Burat muss dafür aber 120.000 Euro an sechs gemeinnützige Einrichtungen zahlen, bei Bernhard S. wurden 12.000 Euro fällig, um weiter auf freiem Fuß bleiben zu können. Ein dritter Mitangeklagter erhielt eine siebenmonatige Bewährungsstrafe.

Die Täter hatten 2004 und 2005 Unternehmen, Kommunen und Parteien abgemahnt, die in ihrem Internetauftritt die Möglichkeit einer Versendung von elektronischen Postkarten vorsahen. Dabei behaupteten sie, auf diese Weise unerwünscht per E-Mail solche Werbe-Postkarten erhalten zu haben.

Tatsächlich hatten sie sich die elektronischen Werbe-Postkarten selbst zugeschickt, um die Betroffenen per Abmahnung durch den mitangeklagten Rechtsanwalt Bernhard S. zur Abgabe einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung aufzufordern. Pro Abmahnung wurden so 532,90 Euro an Anwaltsgebühren fällig, die zwischen den Beteiligten aufgeteilt wurden. Im Wiederholungsfall kassierten sie eine Vertragsstrafe von 5.000 Euro. Allein von der CDU wurden so 15.000 Euro erfolgreich geltend gemacht.

Das Landgericht wertete das Vorgehen Burats in 38 Fällen als gewerbsmäßigen und in 33 Fällen als gewerbsmäßigen versuchten Betrug. Bernhard S. wurde in 31 Fällen wegen gewerbsmäßigen und in 33 Fällen wegen gewerbsmäßigen versuchten Betrugs für schuldig befunden. Schuldspruch und Urteile sind nach dem Karlsruher Beschluss rechtskräftig.

In einem weiteren Verfahren hat das Landgericht Frankfurt am Main Burat wegen versuchten Betruges zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt (Az.:1 Ws 29/09). Konkret ging es um Abo-Fallen im Internet. Dabei haben sich Internetnutzer für bestimmte Dienste wie einem Routenplaner oder einem Gedichte-Download-Server angemeldet, ohne zu ahnen, dass es sich hier um ein kostenpflichtiges Abonnement handelt. Die Preise werden bei Abo-Fallen immer gut versteckt, ein kostenfreies Angebot wird suggeriert. Die geforderten Abo-Gebühren wurden hier von einem Inkasso-Unternehmen eingetrieben.

Auch gegen diese Verurteilung hat Burat Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Über diese ist aber noch nicht entschieden.

 

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Angebotspreis „statt bisher“ oder „statt sonst“?

OLG Hamm: Restpostenmärkte müssen durchgestrichene Preise erklären:

Hamm (jur). Bei Werbung mit durchgestrichenen Preisen muss für die Verbraucher klar sein, um was für einen Preis es sich dabei handelt. Zumindest bei einem Sonder- und Restpostenmarkt muss dies daher erläutert sein, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Montag, 15. April 2013, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 4 U 186/12).

Im Streitfall hatte eine „Postenbörse“ im Münsterland mit durchgestrichenen Preisen geworben. Die neu ausgewiesenen Preise lagen um 35 bis 93 Prozent darunter. Ein konkurrierendes Handelsunternehmen hielt dies für irreführend und verlangte Unterlassung.

Mit Erfolg. Bei durchgestrichenen Preisen gebe es zwei Möglichkeiten, so das OLG Hamm: Entweder es handele sich um den früheren Preis desselben Geschäfts oder um den sonst üblichen Preis, etwa eine Preisempfehlung des Herstellers. Die Werbung mit sogenannten „Statt-Preisen“ sei daher irreführend, wenn den Verbrauchern nicht klar sei, um was für einen Ausgangspreis es sich handelt.

Üblich würden Verbraucher wohl annehmen, dass es sich um den früheren oder üblichen Preis desselben Geschäfts handelt. Das OLG hatte nicht zu entscheiden, ob bei normalen Supermärkten oder Handelshäusern eine Erläuterung zum durchgestrichenen Preis daher entbehrlich sein kann.

Bei einem Sonder- und Restpostenmarkt jedenfalls lägen die Erwartungen der Verbraucher anders, so das OLG. Vergleichsmaßstab sei hier für die Verbraucher eher der sonst übliche, in anderen Geschäften verlangte Preis. Zumindest solche Restpostenmärkte müssten daher durchgestrichene Preise in ihrer Werbung erläutern, sofern die Werbeaussage nicht auf beide möglichen Ausgangspreise zutrifft.

Das jetzt auch schriftlich veröffentlichte Urteil des OLG Hamm vom 24. Januar 2013 ist bereits rechtskräftig.

 

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Pauschalreise: Muss eine 7-Tages-Reise auch 7 Tage dauern?

Nach dem Beschluss des OLG Köln dürfen bei Pauschalreisen vom Anbieter sowohl der An- als auch der Abreisetag mitgezählt werden. Bereits sechs Übernachtungen am Zielort ergeben dann eine „7-Tage-Reise“. Dem Wettbewerber steht kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. (OLG Köln, Beschluss vom 22.01.2013 – 6W 17/13)

 

Sechs Übernachtungen sind sieben Urlaubstage

Nach einer Mitteilung der Deutschen Anwaltshotline, erwartet nach Auffassung des Oberlandesgerichts der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher bei einer siebentägigen Reise nicht, dass diese tatsächlich 7 x 24 Stunden andauert.

Bei der Fahrt mit der Bahn ist es normal, wenn die Ankunft am Urlaubsort am späten Nachmittag des 1. Tages und die Abreise nach Hause am Morgen des 7. Tages erfolgen. Nicht anders verhält es sich, wenn der Reiseveranstalter optional die Hin- und Rückreise auch per Flugzeug anbietet. „Auch in diesem Fall werden die Transfers zu und von den Flughäfen, der Check-In und die reine Flugzeit einen erheblichen Teil des Anreise- bzw. Abreisetages in Anspruch nehmen“, erklärt Rechtsanwalt Hans-Jürgen Leopold.

 

Richter sehen keine Irreführung der Reisenden

Es ist also üblich, so die Richter, dass sowohl der Anreise- als auch der Abreisetag als Reisetage mitgezählt werden, so dass von einer siebentägigen Reise bereits dann gesprochen werden kann, wenn diese sechs Übernachtungen umfasst.

 

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Ferienhausvermietung: Preis für Endreinigung muss im Endpreis enthalten sein

Vermieter von Ferienwohnungen müssen in ihrer Werbung im Preis für die Wohnungen auch die zwingend anfallenden Kosten für die Endreinigung einrechnen. Diese Regelung dient dem Schutz der Verbraucher und fördert den Wettbewerb, indem sie dem Verbraucher Klarheit über die Preise und ihre Gestaltung verschaffen und zugleich verhindern will, dass der Verbraucher seine Preisvorstellungen anhand untereinander nicht vergleichbarer Preise gewinnen muss – Schleswig-Holsteinisches OLG 22.3.2013, 6 U 27/12.

Der Beklagte hat durch die beanstandete Werbung gegen § 1 Abs.1 S. 1 PAngV verstoßen.

Hiernach ist grundsätzlich der sog. Endpreis anzugeben, der einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen ist. Diese Regelung dient dem Schutz der Verbraucher und fördert den Wettbewerb, indem sie dem Verbraucher Klarheit über die Preise und ihre Gestaltung verschaffen und zugleich verhindern will, dass der Verbraucher seine Preisvorstellungen anhand untereinander nicht vergleichbarer Preise gewinnen muss.

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Werbung für Tanzunterricht mit garantiertem Lernerfolg kann unzulässig sein

Wirbt eine Tanzschule damit, dass beim Besuch ihres Tanzunterrichts ein Lernerfolg garantiert wird, kann dies unzulässig sein. Tatsächlich hängt der Erfolg des Tanzunterrichts nämlich maßgeblich vom jeweiligen Schüler selbst ab, so dass ein Lernerfolg nicht automatisch und somit sicher eintritt – OLG Hamm 29.1.2013, I-4 U 171/12.

Der Beklagte muss die betreffende Werbung unterlassen.

Die Werbung ist auch für den heutigen, durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher irreführend und somit unlauter. Sie enthält eine unwahre Angabe über die Ergebnisse, die vom Tanzunterricht des Beklagten zu erwarten sind. Bei den angesprochenen Verbrauchern entsteht durch die in Frage stehende Formulierung der unzutreffende Eindruck, der Tanzunterricht des Beklagten führe sicher zu einem gewünschten Lernerfolg.

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Zur Zulässigkeit der Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als Steuerbüro

Erbringt ein Rechtsanwalt zu einem überwiegenden Teil seiner Berufstätigkeit Hilfeleistungen in Steuersachen und ist deshalb die Angabe „Steuerbüro“ in seiner Kanzleibezeichnung objektiv zutreffend, so ist diese Angabe nicht allein deshalb als irreführend zu verbieten, weil ein Teil der an diesen Dienstleistungen interessierten Verbraucher aus der Angabe „Steuerbüro“ den unrichtigen Schluss zieht, in der Kanzlei sei auch ein Steuerberater oder ein Fachanwalt für Steuerrecht tätig. BGH 18.10.2012, I ZR 137/11

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Werbeanzeige darf Mitbewerber nicht gezielt behindern

Werbung, die nicht die Chancen des eigenen Produkts verbessern will, sondern nur die Verdrängung der Mitbewerber beabsichtigt, ist unzulässig. Anbieter regionaler Anzeigeblätter dürfen daher nicht mit einem Aufkleber für den Briefkasten werben, der den Einwurf anderer Anzeigeblätter in Briefkästen gezielt verhindern soll. OLG Koblenz 16.1.2013, 9 U 982/12

Der Sachverhalt:
Die Parteien des Rechtsstreits sind Mitbewerber auf dem Markt der kostenlosen Anzeigeblätter in Rheinessen. Die Beklagte schaltete im Mai 2012 in ihrem Anzeigeblatt eine Eigenanzeige. Darin bot sie kostenlos Aufkleber für Kundenbriefkästen an. Der Aufkleber enthielt den Aufdruck „Bitte keine Werbung/keine kostenlosen Zeitungen“, daneben aber das Logo des werbenden Anzeigeblattes.

Aufgrund dieser Anzeige beantragte die Klägerin als Konkurrentin den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um der Beklagten diese Werbung zu untersagen. Eine Werbung, die zum Ziel habe, dass nur das Anzeigeblatt der Beklagten und kein weiteres in die Briefkästen eingeworfen werde, sei unzulässig.

Das LG lehnte den Antrag ab. Die Beklagte behindere mit der Werbung die Konkurrenten nicht gezielt, da die Nutzung der Aufkleber den Verbrauchern überlassen bleibe und das eigene Produkt nur optisch betont werde. Auf die Berufung der Klägerin hob das OLG die Entscheidung auf und gab dem Antrag statt.

Die Gründe:
Die Beklagte hat es zu unterlassen, in der beanstandeten Art und Weise zu werben.

Die Kombination der Formulierung „Bitte keine Werbung/keine kostenlosen Zeitungen“ mit dem Logo des Anzeigenblattes ist auf die Verdrängung der Mitbewerber gerichtet. Der Markt für kostenlose Anzeigeblätter wird grundsätzlich dadurch bestimmt, dass die Zeitungen entweder in den Briefkasten eingelegt oder – bei generell ablehnendem Aufkleber – nicht eingelegt werden. Damit haben alle Mitbewerber die gleichen Marktchancen.

Die Werbung der Beklagten ist nun aber gerade darauf gerichtet, den Einwurf ihres Anzeigeblattes in den Briefkasten zu sichern und gleichzeitig den Einwurf aller Konkurrenzprodukte der Mitbewerber zu verhindern. Dadurch wird der Zutritt der Konkurrenten zu den Kunden auf unabsehbare Zeit versperrt. Dies ist der wesentliche Zweck der Werbeanzeige der Beklagten und auch so beabsichtigt.

Wenn ein Mitbewerber die Verbraucher aber gezielt dahin beeinflusst, die Annahme der Produkte der Mitbewerber abzulehnen, lässt auch die freie Entscheidung der Kunden über die Nutzung der Aufkleber den Vorwurf der Unlauterkeit dieser Werbung nicht entfallen.

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Zu den Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Heilmittelwerbung

Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, sind grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden.

BGH 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil:

Die Parteien vertreiben Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus, die auf unterschiedlichen Wirkstoffen beruhen. Das Präparat der Klägerin enthält den Wirkstoff Insulinglargin, das Präparat der Beklagten den Wirkstoff Insulindetemir. Die Klägerin wendet sich im Kern gegen die in einem Faltblatt der Beklagten enthaltene Werbeaussage, wonach das von der Beklagten vertriebene Mittel gegenüber dem Mittel, das den von der Klägerin verwandten Wirkstoff enthält, zu einer geringeren Gewichtszunahme führe. Dabei wendet sich ein Teil der Klageanträge dagegen, dass sich die Beklagte zum Beleg ihrer Werbeaussage konkret auf eine Studie gestützt hat. Ein anderer Teil der Anträge richtet sich gegen die Werbeaussage ohne Bezugnahme auf eine Studie.

Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die Studienergebnisse, auf die sich die Beklagte stützt, seien wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. Die Werbung sei daher irreführend.

Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Die Werbung, so das Kammergericht, verstoße nicht gegen das Wettbewerbsrecht, weil die Studienergebnisse, auf die sich die Werbeaussagen der Beklagten stützten, Eingang in die beim Zulassungsverfahren geprüfte Fachinformation gefunden hätten. Deshalb sei zu vermuten, dass der Gewichtsvorteil, mit dem die Beklagte geworben hatte, dem wissenschaftlich gesicherten Stand entspreche. Diese Vermutung habe die Klägerin nicht widerlegt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision will die Klägerin die Verurteilung der Beklagten erreichen.

Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen. Von der Aufhebung betroffen sind diejenigen Anträge, die sich gegen die durch Bezugnahme auf eine Studie belegte Werbung mit einem Gewichtsvorteil richten.

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass insoweit eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen den Grundsatz der „Zitatwahrheit“ in Betracht kommt. Danach sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist. Ob auch – wie im Streitfall – nachträglich anhand vorliegender Studiendaten im Rahmen einer sogenannten Subgruppenanalyse oder im Wege der Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlichen Untersuchungen (Metaanalyse) erstellten Studien eine Werbeaussage tragen können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei kommt es für die Frage der Irreführung neben der Einhaltung der für diese Studien geltenden wissenschaftlichen Regeln vor allem darauf an, ob der Verkehr in der Werbung hinreichend deutlich auf die Besonderheiten der Art, Durchführung oder Auswertung dieser Studie und gegebenenfalls die in der Studie selbst gemachten Einschränkungen im Hinblick auf die Validität und Bedeutung der gefundenen Ergebnisse hingewiesen und ihm damit die nur eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft der Studie vor Augen geführt wird. Solche aufklärenden Hinweise enthält die beanstandete Werbung nicht, obwohl die in Bezug genommene Studie Anlass dazu gegeben hat.

Dagegen ist die ohne konkreten Bezug zu der Studie aufgestellte Behauptung eines Gewichtsvorteils im Streitfall rechtlich nicht zu beanstanden, weil sich ein solcher Vorteil – genauer: eine geringere Gewichtszunahme – nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Kammergerichts im Streitfall aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung und der Fachinformation entnehmen lässt. Zwar gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung nach dem im Heilmittelwerberecht maßgebenden Strengeprinzip generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Grundsätzlich kann sich aber – so der Bundesgerichtshof – ein Werbender zum wissenschaftlichen Nachweis der Richtigkeit seiner Werbebehauptung auf den Inhalt der Zulassung und der Fachinformation berufen, weil diese Unterlagen Gegenstand der Überprüfung durch die Zulassungsbehörde sind. Eine Irreführung kommt aber dann in Betracht, wenn der Kläger darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekanntgewordene oder der Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung sonst nicht zugängliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die gegen die wissenschaftliche Tragfähigkeit der durch die Zulassung belegten Aussagen sprechen. Da die Klägerin nichts zu solchen Erkenntnissen vorgetragen hatte, war die Klageabweisung insofern zu Recht erfolgt.

Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil

LG Berlin – Urteil vom 9. Juni 2009 – 15 O 704/07

KG Berlin – Urteil vom 22. Februar 2011 – 5 U 87/09

Karlsruhe, den 6. Februar 2013

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