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Zur Verjährung von Mängelgewährleistungsansprüchen beim Kauf einer Photovoltaikanlage

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, in welcher Frist kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche aus der Lieferung mangelhafter Teile einer Photovoltaikanlage verjähren.

Im April 2004 kaufte die Klägerin von der Beklagten die Komponenten einer Photovoltaikanlage. Die Beklagte lieferte diese auf Anweisung der Klägerin im April 2004 direkt an einen Landwirt aus, der sie seinerseits von der Klägerin gekauft hatte. Er montierte die Komponenten auf dem Dach seiner Scheune und nahm die Anlage zunächst störungsfrei in Betrieb. Im Winter 2005/2006 traten infolge von Blitzschlag und hoher Schneelast Störungen an der Anlage auf, die der Landwirt seiner Gebäudeversicherung meldete. Deren Sachverständiger stellte an einigen Photovoltaik-Modulen Sachmängel (sogenannte „Delaminationen“) fest, worüber die Klägerin die Beklagte im August 2006 informierte. Die Beklagte wies die Mängel zurück. Im Rahmen eines von dem Landwirt gegenüber der Klägerin eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens, in dem die Klägerin der Beklagten im August 2007 den Streit verkündete, wurde ein weiterer Mangel (lückenhafte Frontkontaktierungen) festgestellt, wegen dem die Klägerin in einem anschließenden Prozess gegenüber dem Landwirt zum Schadensersatz verurteilt wurde.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Freistellung von dieser Schadensersatzverpflichtung. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht in fünf Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB*), sondern in zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB*) verjähren. Die gelieferten Einzelteile der Photovoltaikanlage wurden nicht entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet. Die auf dem Dach der Scheune errichtete Photovoltaikanlage ist selbst kein Bauwerk im Sinne des Gesetzes. Bauwerk ist allein die Scheune, auf deren Dach die Anlage montiert wurde. Für die Scheune sind die Solarmodule jedoch nicht verwendet worden. Sie waren weder Gegenstand von Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an der Scheune, noch sind sie für deren Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit von Bedeutung. Vielmehr dient die Anlage eigenen Zwecken; denn sie soll Strom erzeugen und dem Käufer dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle (Einspeisevergütung) verschaffen. Damit greift die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede durch.

* § 438 BGB (Verjährung der Mängelansprüche)

(1) Die in § 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren

1. (…)

2. in fünf Jahren,

a) bei einem Bauwerk und

b) bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, (…).

3. im Übrigen in zwei Jahren.

Urteil vom 9. Oktober 2013 – VIII ZR 318/12

LG Limburg a. d. Lahn – Urteil vom 26. Oktober 2011 – 2 O 68/10

OLG Frankfurt a. M. – Urteil vom 22. August 2012 – 16 U 14/12

Zur zitierten Pressemitteilung…

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Gilt die Fluggastrechteverordnung auch für Flüge aus der Schweiz in Drittstaaten?

Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die europäische Verordnung über Fluggastrechte auch für Flüge mit Start in der Schweiz und Ziel in einem Staat außerhalb der Europäischen Union anwendbar ist.

Im Ausgangsfall verlangt die Klägerin von der Beklagten aufgrund der Fluggastrechteverordnung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 € wegen eines verspäteten Fluges.

Die Klägerin buchte bei der Swiss International Air Lines AG einen Flug von Frankfurt am Main nach Zürich und einen direkten Anschlussflug von Zürich nach Yaundé in Kamerun mit einem Zwischenstopp in Duala. Der Flug von Frankfurt am Main nach Zürich erfolgte planmäßig. Der Abflug des Anschlussflugs in Zürich verzögerte sich um 6 Stunden und 10 Minuten. Dieser Flug endete tatsächlich in Duala. Die Klägerin wurde sodann mit dem Bus von Duala nach Yaundé befördert und erreichte dieses Ziel am Abend des Folgetags mit einer Verspätung von mehr als 20 Stunden.

Das Amtsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Klage vor deutschen Gerichten zwar für zulässig, in der Sache aber für unbegründet erachtet. Ein Fluggast könne einen Anspruch auf Ausgleichszahlung auch dann bei den für den ersten Abflugort (hier Frankfurt am Main) zuständigen Gerichten einklagen, wenn sich die Flugverspätung erst im Rahmen eines Anschlussfluges an einem anderen Ort ereignet habe. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Ausgleichsanspruch jedoch nicht zu, weil die Verspätung erst bei dem Anschlussflug eingetreten sei und dieser nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union begonnen habe.

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Auffassung des Landgerichts zur internationalen Zuständigkeit bestätigt. Er ist dem Landgericht auch darin beigetreten, dass der Klägerin nur dann ein Anspruch zusteht, wenn die Fluggastrechteverordnung auch auf den Flug von Zürich nach Yaundé anwendbar ist. Er hält die Anwendbarkeit der Verordnung auf solche Flüge jedoch für möglich, weil diese nach dem Wortlaut des Luftverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Union seit Dezember 2006 auch für die Schweiz anzuwenden ist. Ein Schweizer Gericht hat jedoch entschieden, die Verordnung sei aufgrund des Abkommens nur auf Flüge anzuwenden, die zwischen der Schweiz und einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder umgekehrt verlaufen. Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Frage, ob die Fluggastrechteverordnung auch auf Flüge von der Schweiz in einen Drittstaat anzuwenden ist, dem für die Auslegung des Unionsrechts zuständigen Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt.

BGH, Beschluss vom 9. April 2013 – X ZR 105/12

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 28. Juni 2012 – 2-24 S 48/12

AG Frankfurt am Main – Urteil vom 3. Februar 2012 – 32 C 1418/11 (18)

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BGH: Ansprüche aus Gebrauchtwagen-Garantie dürfen nicht von Wartung in Vertragswerkstatt abhängig gemacht werden

Eine Wartungsklausel in den Bedingungen einer entgeltlichen Gebrauchtwagen-Garantie, die die Garantieansprüche des Käufers davon abhängig macht, dass er den Wagen in einer Vertragswerkstatt warten lässt, ist wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 25.09.2013 entschieden. Der Käufer kann sein Fahrzeug somit auch in einer freien Werkstatt warten lassen, ohne die Garantie zu verlieren (Az.: BGH, VIII ZR 206/12).

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Über 50.000 Euro Stromnachzahlung für illegale Cannabis-Plantag

OLG Hamm billigt Verbrauchsschätzung für unerlaubt entnommenen Strom

Hamm (jur). Wer im großen Stil in einer Wohnung eine Cannabis-Plantage betreibt, darf sich nicht über hohe Stromrechnungen wundern. Dies stellte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Freitag, 19. April 2013, bekanntgegebenen Urteil klar und bestätigte damit die Stromverbrauchsschätzung eines Energieversorgers für illegal entnommenen Strom in Höhe von über 50.000 Euro (Az.: 19 U 69/11).

Im entschiedenen Rechtsstreit hatte ein 30-Jähriger seit Juli 2007 eine Wohnung in Gelsenkirchen angemietet. Doch in der Unterkunft fanden vor allem Cannabis-Pflanzen ihr Zuhause. Damit die Pflanzen auch gut gedeihen, hatte der Gelsenkirchner für seine illegale Cannabis-Plantage unter anderem zahlreiche Lampen und eine Klimaanlage installiert. Den Strom zapfte er aus dem Stromnetz unter Umgehung des Stromzählers ab.

Als die Polizei dem Cannabis-Züchter im August 2009 auf die Schliche kam, schätzte der Stromversorger den Verbrauch des unerlaubt entnommenen Stroms. Das Versorgungsunternehmen stellte schließlich über 53.000 Euro in Rechnung. Wegen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln wurde der 30-Jährige zudem zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Der Cannabispflanzen-Züchter hielt die Stromverbrauchsschätzung viel zu hoch. Er habe lediglich 2009 und in deutlich geringerem Umfang illegal Strom entnommen.

Das OLG entschied in seinem Urteil vom 7. Dezember 2012, dass der Mann dann aber auch seinen geringeren Stromverbrauch nachweisen müsse. Dies sei ihm aber weitgehend misslungen. Dass er die Cannabis-Plantage erst 2009 betrieben habe, sei nicht glaubhaft. Denn er habe die Wohnung allein zum Zweck der Cannabis-Herstellung bereits 2007 angemietet.

Ein geringer Stromverbrauch sei lediglich für einige Monate für die Vorbereitung und Installation der Plantage anzunehmen. Letztlich müsse der Beklagte dann immer noch über 50.000 Euro an Stromkosten bezahlen, so das OLG.

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Konflikte zwischen Vergabe- und Vertragsrecht rechtzeitig entschärfen

WARBURG – Wenn es um den Einbau großer technischer Anlagen und Bauteile geht, müssen sich öffentliche Bauherren entscheiden, nach welcher Vergabeordnung sie den Auftrag ausschreiben. In Betracht kommen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A). Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig, so Rechtsanwalt Alexander Jakobs aus der Kanzlei Jakobs Rechtsanwälte in Warburg, zumal die gesetzliche Regelung des Werkvertragsrechts des § 651 BGB zur Abgrenzung zwischen Werkvertragsrecht und Kaufvertragsrecht nicht weiterhilft, sondern erfahrungsgemäß eher Verwirrung stiftet. Während es nach der gesetzlichen Regelung zur Anwendung des Vertragsrechts vor allem auf die Eigenschaft der „Beweglichkeit“ einer Sache ankommt – und damit auch große Bauteile unter das Kaufvertragsrecht fallen können –, kommt es im Vergaberecht vor allem auf den bestimmungsgemäßen Zweck der Leistungen an. Das Oberlandesgerichts Brandenburg legt in einer Entscheidung (Aktenzeichen Verg W 2/12) besonderes Augenmerk darauf, dass eine technische Anlage, die für die Funktionsfähigkeit eines Bauwerks notwendig ist, im vergaberechtlichen Sinne als Bauleistung einzustufen ist, auch wenn die Tätigkeit zur Montage gegenüber der Lieferung der technischen Anlage zurückzutreten scheint. Im vorliegenden Fall ging es um eine Projektionsanlage für ein Planetarium. Vergleichbare Probleme können nach Erfahrung von Alexander Jakobs auch im Krankenhausbau und bei Industrieanlagen auftreten. Da allerdings die Rechtsprechung zu diesen Abgrenzungsfragen sehr unterschiedlich ist und für das Auseinanderfallen von Vergaberecht und Vertragsrecht gegebenenfalls gesonderte vertragliche Bedingungen vereinbart werden sollten, empfiehlt es sich, rechtzeitig vor der Ausschreibung einen Fachanwalt einzuschalten, der die Fragen der Abgrenzung abwägen kann.

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