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Unzumutbare Prozessdauer bei Baurechtsverfahren

27.05.2013 von Rechtsanwalt Alexander Jakobs

„Durchschnittlich 44 Monate dauert in Deutschland ein Baurechtsstreit in der ersten Instanz! Das ist viel zu lange“, konstatiert Alexander Jakobs aus der Kanzlei Jakobs Rechtsanwälte in Warburg und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV). Die ARGE Baurecht fordert deshalb einhellig: „Wir brauchen mehr Baukammern in Deutschland!“

„In den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland eine unhaltbare Praxis eingeschlichen“, kritisiert Baurechtsanwalt Jakobs. „Einerseits sind die Gerichte personell unterbesetzt, andererseits leistet sich die Justiz in fast allen Bundesländern nach wie vor den Luxus von Universaljuristen. Sie betrachten Baurechtsstreitigkeiten als „Allgemeine Sachen“; jeder Richter am Landgericht soll sie lösen müssen – und wegen der knappen Personalausstattung zumeist als Einzelrichter.“

„Das kann nicht funktionieren, denn Baustreitigkeiten sind in der Regel hochkomplexe Auseinandersetzungen über komplizierte baurechtliche, technische und baubetriebliche Streitpunkte“, erläutert der Anwalt für Bau- und Architektenrecht. „Wegen der oft sehr hohen Streitwerte sind Baustreitigkeiten außerdem von existenzieller Bedeutung für die Prozessparteien. Deshalb ziehen die Rechtsuchenden spezialisierte Bauanwälte hinzu, häufig auch technische oder baubetriebliche Sachverständige. Vor Gericht sehen sie sich dann einem zwar allgemein rechtskundigen und wohlmeinenden Einzelrichter gegenüber, der den Prozessstoff objektiv aber gar nicht in den Griff bekommen kann“, beobachtet Alexander Jakobs seit langem. „Die Gründe liegen auf der Hand: Ein Einzelrichter verfügt erfahrungsgemäß nicht über die für einen derartigen Prozess notwendigen Spezialkenntnisse, weil er dafür nicht aus- und fortgebildet wurde, zumal er zugleich für Streitigkeiten aus dem Kaufrecht, Gesellschaftsrecht, Pachtrecht, Erbrecht und vieles mehr zuständig ist.“

„Statt Recht zu sprechen, drängen viele Richter die Parteien geradezu, sich zu vergleichen“, moniert der Baurechtler. „Rund die Hälfte aller Baustreitigkeiten endet heute mit einem Vergleich“, kritisiert Alexander Jakobs. „Solche Vergleiche sind aber erzwungene Notlösungen, auf die sich Mandanten und Juristen nur einlassen, um nicht in einem sich über Jahre hinschleppenden Prozess mit ungewissem Ausgang zu versumpfen.“

„Diese überlangen Baurechtsprozesse können wir von der ARGE Baurecht so nicht länger hinnehmen. Wenn wir mit unseren Mandanten vor Gericht ziehen, dann haben wir bereits alle vernünftigen Kompromissmöglichkeiten mit der Gegenseite längst ausverhandelt. Dann muss ein Richter entscheiden – und zwar in einer angemessenen Zeit. Wir meinen, Baurechtsprozesse müssen in der Regel in  einem Jahr entschieden werden können.“

Die ARGE Baurecht fordert deshalb, an den Landgerichten Baukammern zu etablieren, und hierfür Spezialisten unter den Richtern aus- und fortzubilden. „Baustreitigkeiten sind sehr komplex und können erfahrungsgemäß nicht vom Allrounder behandelt werden“, konstatiert der Warburger Rechtsanwalt. „Es kann nicht sein, dass die Justiz ständig Richter abbaut und die Rechte der Bürger und Unternehmen dabei auf der Strecke bleiben.“

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